Pflichtverteidiger - oder doch kein Pflichtverteidiger?
Pflichtverteidiger - Nachteile
Das Gericht kündigt Ihnen die Beiordnung eines Pflichtverteidigers an? Dann besser schnell reagieren und einen eigenen Anwalt beauftragen.
Vorliegend wollen wir Ihnen die 6 Nachteile eines Pflichtverteidigers aufzeigen:
1. fehlende Motivation
Auch wenn der Anwaltsberuf ehrenhaft und kammergebunden ist, hängt auch hier die Motivation – wie in jedem anderen Beruf wahrscheinlich auch – letztlich von der Vergütung ab. Abgesehen von ein paar Idealisten und Gutmenschen (auch in der Anwaltschaft), wird jeder für seine Arbeit gerne gut bezahlt. Ist die Bezahlung unangemessen gering, hat dies in der Regel immer Auswirkungen auf Motivation und Qualität des Produkts bzw. der Dienstleistung.
Sieht man sich die Vergütungstabelle für Pflichtverteidiger an ist festzustellen, dass der gerichtlich bestellte oder Beigeordnete Pflichtverteidiger eine Grundgebühr in Höhe von aktuell 176€ für die Beschäftigung mit dem Verfahren erhält. Hinzu kommt in der Regel für das vorbereitende Verfahren noch einmal eine Gebühr in Höhe von 145€. Rechnet man diese beiden Gebühren zusammen kommen auf eine Summe in Höhe von 321 €. Der Pflichtverteidiger erhält also für die Kommunikation und Beratung des Beschuldigten, die Einarbeitung in die Akten sowie sämtliche administrative oder organisatorische Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Akte, der inhaltlichen Erarbeitung des Sachverhaltes sowie der Entwicklung einer Verteidigungsstrategie insgesamt etwa 320€ – und zwar unabhängig davon, wie umfangreich die Angelegenheit ist.
Handelt es sich beispielsweise um eine anspruchsvolle Konstellation von Aussage gegen Aussage oder eine umfangreiche Verfahrensakte von vielen 1000 Seiten bleibt die Vergütung immer gleich – und zwar bei 320€.
Alles weitere Bedarf an dieser Stelle wohl keiner näheren Ausführung, rechnet man die Vergütung auf die gerade in umfangreichen oder schwierigen Verfahren notwendige Zeit der Vorbereitung um, landet man letztlich wahrscheinlich gerade beim gesetzlichen Mindestlohn. Wahrscheinlich dürfte angesichts dieser Vergütung auch dem noch so idealistischen und selbstlosen Pflichtverteidiger die Motivation verloren gehen, ein Verfahren angemessen vorzubereiten.
Ein Beispiel:
in der Kanzlei des Verantwortlichen „Nikolai Odebralski – bundesweite Strafverteidigung“ versuchen wir immer aktiv und bewusst darauf hinzuwirken, ein Strafverfahren bereits im Ermittlungsverfahren zur Einstellung zu bringen. Dies entspricht nicht nur dem Interesse unserer Mandanten sondern letztlich kann auch niemand ein ernsthaftes Interesse daran haben, sich in einem gerichtlichen Verfahren zu verantworten – verbunden mit allen Unsicherheiten und emotionalen Belastungen, die mit einem Gerichtsprozess einhergehen. Vor diesem Hintergrund wird wie immer durch umfangreiche Schutzvorschriften im Ermittlungsverfahren auf die frühzeitige Einstellung hin, bevor eine solche Angelegenheit letztlich vor Gericht landet.
Nun kann man sich die Frage, ob ein staatlicher Pflichtanwalt die gleiche Motivation zeigt wenn es darum geht ein Verfahren durch frühzeitiges Eingreifen zur Einstellung zu bringen, wahrscheinlich selbst beantworten. Oder anders gesagt: warum sollte ein Pflichtverteidiger neben der geringen Gebühr für die reine Lektüre der Akte nun darüberhinausgehend noch – quasi umsonst – Motivation entfalten, um die Sache angemessen zu bearbeiten?
2. Mandatsbeendigung
Oder: wie werde ich meinen Pflichtverteidiger wieder los?
Die Antwort: im schlimmsten Fall gar nicht.
Häufig bemerken Beschuldigte spätestens mit dem Eingang der Anklageschrift, dass sie bei dem Pflichtverteidiger doch nicht richtig aufgehoben sind und möchten statt dem Pflichtanwalt nun einen privaten Anwalt mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragen. Gerade in anspruchsvollen Strafverfahren ist so etwas ratsam,
Auftraggeber des Anwalts bei einer Pflichtverteidigung ist nicht mehr der Beschuldigte sondern der Staat. Dies führt dann dazu, dass das Mandat auch demzufolge nicht mehr von dem Beschuldigten selbst einfach beendet werden kann wenn er mit der Arbeit seines Anwalts unzufrieden ist. Möchte man als Beschuldigter in einem Strafverfahren – aus welchen Gründen auch immer – das Mandat beenden, muss ein umfangreicher Antrag auf Aufhebung der Pflichtverteidigerstellung gestellt und gegenüber dem zuständigen Gericht begründet werden. Zu Problemen führt dies häufig in Situationen, wenn bereits eine Anklage erhoben ist und das Gericht Termine mit dem Pflichtanwalt abgestimmt hat.
3. Arbeitsweise
im auch die Arbeitsweise von gerichtlich bestellten Pflichtverteidigern unterscheidet sich in der Praxis sehr häufig von derjenigen Arbeitsweise motivierter privater Anwälte. Hintergrund dessen ist natürlich der Umstand, dass der Pflichtverteidiger mit der Beiordnung seinen Anspruch auf Erstattung der staatlichen Gebühren erwirbt und ab diesem Zeitpunkt eigentlich nicht mehr viel dafür tun muss, um den Mandanten zufriedenzustellen.
4. psychologische Zwickmühle
eine psychologische Zwickmühle für den Pflichtverteidiger entsteht insbesondere dann, wenn dieser nicht von dem Beschuldigten ausgesucht, sondern durch das Gericht zugewiesen wurde. In einer solchen Situation sieht sich der Pflichtverteidiger häufig zum einen in der dampfenden Verpflichtung gegenüber dem Gericht, zum anderen aber natürlich auch den Interessen seines Mandanten verpflichtet. Das Gericht hat ein Interesse an der Wahrheitsfindung.
Unrichtig wäre es aber nun auch wenn behauptet würde, diese Aufgabe würde um jeden Preis und unabhängig von der anfallenden Arbeit immer gleich gerne verrichtet. Natürlich hat jeder Mensch schon das Bestreben danach, seine Arbeitsumgebung möglichst angenehm zu strukturieren, auch was den Anfall an Arbeit angeht. Und hier ist es dann natürlich auch kein Geheimnis, dass eine Verhandlung mit einem geständigen Beschuldigten lässt sich natürlich weit weniger Arbeit für das zuständige Gericht verursacht als die Arbeit mit einem Beschuldigten, der die Vorwürfe zum einen bestreitet und insofern dem Richter häufig hierdurch das Leben schwer macht.
Insofern sieht sich der staatlich Beigeordnete Pflichtverteidiger leider regelmäßig – jedenfalls nach uns vorliegenden Erfahrungsberichten von Pflichtverteidigern – in der Verantwortung, zum einen dem Gericht einem geständigen Beschuldigten zu präsentieren. Zum anderen aber natürlich auch darin, Kritik an der Arbeitsweise des Gerichts in der Verhandlung nicht zu laut zu äußern – insbesondere auch dann nicht, wenn zu dem Richter, der den Pflichtverteidiger aussucht, freundschaftliche Beziehung besteht.
Insofern ist es aus unserer Erfahrung immer ratsam, die Aufgabe und den Beruf des Anwalts professionell auszuüben und in alle Richtungen professionelle Distanz zu wahren, unangemessen ist es aus unserer Sicht ebenso wenn Anwälte sich während eines laufenden Strafverfahrens mit ihren Mandanten private anfreunden und dann neben dem Strafprozess private Dinge unternehmen. Dies hindert häufig die professionelle berufliche Distanz und kann letztlich zu Unstimmigkeiten führen, wenn Uneinigkeit über die Art der Mandatsführung besteht.
Vor diesem Hintergrund kann dann aber natürlich nicht anders in Bezug auf den gerichtlich bestellten Pflichtverteidiger gelten. Auch dieser sollte zu dem Richter eine professionelle Distanz halten – dass eine solche aber nicht besteht sieht man logischerweise daran, dass der Richter den Anwalt bestimmt was er nicht machen würde, wenn ihm dieser völlig egal und gänzlich unbekannt wäre.
Insofern handelt es sich hier ebenfalls um einen Konflikt Pflichtverteidiger, der aber häufig zum Nachteil der Beschuldigten gelöst wird: in dem der Beigeordnete Pflichtverteidiger teilweise sinnvolle und aktive Verteidigungsaktivitäten unterlässt um künftig weiterhin Pflichtverteidigung von dem zuständigen Gericht zu bekommen.
Ein Dilemma – und letztlich nur zu lösen, indem man sich als Beschuldigter die Ketten der Pflichtverteidigung zerschlägt und sich einen eigenen und richtigen Anwalt nimmt.
5. finanzielle Zwickmühle
Nach der Berufsordnung ist der Rechtsanwalt sogenanntes Organ der Rechtspflege und insofern ausdrücklich kein wirtschaftlich denkendes Unternehmen. Dennoch verdienen zumindest die meisten Rechtsanwälte mit ihrer beruflichen Tätigkeit ihren Lebensunterhalt, insofern dürfte für Rechtsanwälte der finanzielle Gegenwert eines Mandats letztlich doch irgendwo zumindest eine Rolle spielen.
Den Umfang der Vergütung des Pflichtverteidiger wir bereits auf der ersten Seite ausgeführt.
6. Erreichbarkeit
Letztlich ist auch so, dass sich ein Pflichtverteidiger auf dem Beschluss zur Beiordnung letztlich ausruhen kann. Dem Mandanten ist der Beigeordnete Pflichtverteidiger wenig schuldig, letztlich hat ihn das Gericht zum Anwalt gemacht, nicht der Beschuldigte. Auch die Voraussetzungen die Pflichtverteidigung noch einmal zu ändern sind vergleichsweise hoch. Insofern befindet sich der erst einer Beigeordnete Pflichtanwalt in einer komfortablen Situation.
Dies geht dann leider häufig auch mit einem Mangel an Motivation einher, der sich letztlich in der Erreichbarkeit äußert. Ein Pflichtverteidiger stellt häufig keinen Notfallnummer zur Verfügung, lässt sich durch sein Sekretariat – in den hier bekannten Fällen – häufig verleugnen und bietet jedenfalls nicht den Service an Erreichbarkeit, wie ein richtiger Anwalt.